(Alchemilla vulgaris) mit Rezepten
Glitzernde Tauperlen auf samtgrünem Blattgrund – das bescheidene Heilkraut Alchemilla birgt Geheimnisse und Kräfte, für Gesundheit und Schönheit. Auf Bergwanderungen begegnen wir seiner Schwester, dem noch wirksameren Silbermantel (Alchemilla alpina).
Name: Alchemistenkraut, Allerfrauenheil, Marienmantel, Muttergottesmantel, Venusmantel, Sinnau, Taubecher, Tauschüsselchen
Wirkstoffe: Gerbstoffe, Flavonoide, Carotinoide, Bitterstoffe, Salicylsäure, Phytosterone, Saponine
Signatur: Der verholzende Wurzelstock bildet grundständige schüsselförmige, kreisrunde Rosettenblätter, die langgestielt und 7-11 lappig gefächert sind. Die Stängelblätter sind kaum gestielt. Der Blattrand ist ringsum gezahnt. Die Oberseite der Blätter ist nur gering behaart, die Blattunterseite im Gegensatz dazu reich behaart. Die Blüten sind gelblich grün in knäuelförmigen Rispen angeordnet und blühen reichlich von Mai-August.
Am Blattrand des Frauenmantels befinden sich kleine Öffnungen, aus denen die charakteristischen Guttationströpfchen ausgeschieden werden. Diese Tröpfchen sind nicht nur einfach Wasser, sondern eine Lösung aus pflanzeneigenen Stoffen, die im Vergleich zu Wasser eine viel größere Oberflächenspannung haben. Sie werden vom Wurzelstock über feine Kanälchen zu den Blattöffnungen transportiert. Wenn sie vom Blattrand ins Innere fließen, entsteht eine große „Tauperle“, die in dem schüsselförmigen Blatt ruht und in der Sonne wie ein Edelstein funkelt, wenn der Morgentau längst abgetrocknet ist. Das schüsselförmige Blatt mit dem Tautropfen erinnert an den weiblichen Schoß, in dem die Leibesfrucht heranwächst. Diese Signatur der Pflanze zeigt einen Zusammenhang mit Mond und Venus und macht den Frauenmantel zu einer Universalmedizin für Frauen.
Heileigenschaften: krampflösend, zusammenziehend, antibakteriell, entzündungshemmend, hormonell ausgleichend.
Umfassende Verwendung in der Frauenheilkunde: als Alchemistin unter den Frauenkräutern zeigt der Frauenmantel in fast allen Lebensabschnitten der Frau seine Heilwirkung. Er wirkt bei Regelbeschwerden, regt in der ersten Zyklushälfte den Eisprung an, reguliert in der zweiten Zyklushälfte die Gelbkörperhormone. Auch bei der Abnahme der Gelbkörperhormone in Zusammenhang mit Wechselbeschwerden wirkt der Frauenmantel sanft ausgleichend.
Gelbkörpermangel ist auch die häufigste Ursache unerfüllten Kinderwunsches. Der Frauenmantel als Tee oder Urtinktur getrunken kann hier die Gelbkörperhormonproduktion verbessern und die Geburtsorgane kräftigen.
Frauenmantel wirkt bei östrogenabhängigen Leiden wie Myomen oder Zysten hormonell regulierend. Durch seine antimikrobielle Wirkung wird er auch als Zäpfchen bei Scheidenentzündungen und Papillomavirusinfektionen eingesetzt.
Anwendung: als Tee oder Urtinktur
Frauenmantel
Das Kräutlein treibt ein rundes Blatt,
wie keines ringsherum es hat.
Mit zierlich eingekerbtem Rand
ist für den Tau es angespannt.
Recht als ein Schälchen hingestellt,
in welches Perl auf Perle fällt.
So hebt es auf des Himmels Tau,
der niedersinkt auf Flur und Au.
Manch Elflein gegen Morgen kommt,
das dürstet, dem zu trinken frommt,
schöpft aus dem Schüsselchen und spricht:
Ein bessres Labsal gibt es nicht.
Johannes Trojan
Volkskunde:
Den Namen Frauenmantel erhielt die Pflanze aufgrund der Ähnlichkeit ihres Blattes zu einem schützenden Mantel, ähnlich dem Umhang der Maria. Viele alte Namen des Frauenmantels deuten darauf hin: Marienmantel, Liebfrauenmantel, Muttergottesmantel. Darstellungen der Schutzmantelmadonna zeigen, dass sich Gläubige unter dem weiten Mantel der Maria zusammendrängten, um dort Tost und Schutz zu erfahren. Der Marienmantel ist Garant für die weibliche Gesundheit, vor allem rund um das Thema Geburt. Kräuterpfarrer Künzle: „ Zwei Drittel aller Frauenoperationen würden bei frühzeitiger und längerfristigen Anwendung dieses Heilkrautes gänzlich überflüssig, denn es heilt alle Unterleibsentzündungen…“. Alle Schwangeren sollten diesen Tee trinken, weil „er eine leichte Geburt und ein gesundes Kind bringt.“
Aber auch als Schönheitselexir wurde der Frauenmantel verwendet. Die Guttationstropfen wurden als Sinau – Sonnentau – bezeichnet und als Auflage der Brüste verwendet. Der Mediziner Leonhart Fuchs schrieb 1543: „… macht die Brüste hart, fest und stehend“. Im Mittelalter galten kleine feste Brüste als Schönheitsideal, weshalb vermieden wurde selbst zu stillen und Ammen engagiert wurden.
Aber auch stillenden Frauen half der Frauenmantel: 1588 schrieb der Botaniker Tabernaemontanus: „Nimm Sinaukraut, siede es in Regenwasser zum halben Teil ein, seihe es dann durch und netzt ein zweifach oder vierfach Leinentuch darin und lege es auf die Brüste.“
Der Frauenmantel wurde als Wundauflage verwendet und er kam zum Einsatz, um Wunden auszuwaschen. Die mit Tau benetzen Blätter wurden bei Augenentzündungen auf die Augenlider gelegt.
Der Frauenmantel spielte bei den Experimenten der Alchemisten eine große Rolle, dies verlieh ihm seinen botanischen Namen, der an die mittelalterlichen Geheimwissenschaftler erinnert. Die Alchemisten interessierte sich für das geheimnisvolle Tauwasser, dessen Namen Sinau oder Sintau auf sine-towe, das heißt Immertau, zurückgeht. Eine Pflanze also, die immer Tau hat. Sie sammelten in den Morgenstunden die geheimnisvollen Wassertropfen, um damit den „Stein der Weisen“ herzustellen.
Im Frauenmantel finden wir einen Schutz unserer Weiblichkeit!