(Tilia platyphyllos) mit Rezepten
Die Linde ist ein Volksbaum und hat mit den tausend Herzen an ihren Zweigen seit Jahrhunderten Dichter, Barden und Künstler inspiriert. Für den Menschen hat sie einen ganz besonderen Stellenwert: Aus den Wäldern holte er die Linde in die Gehöfte, Dörfer und Städte, in denen sie als Einzelbaum hervorragend wachsen konnte. So umgab sich der Mensch mit einer „mütterlichen“ Baumpersönlichkeit, mit herzförmigen Blättern, süßem Blütenduft und ausladender Krone, die eine besondere Anziehungskraft hat und ein Gefühl von Geborgenheit spendet.
Symbolik und Signatur
Bei unseren Vorfahren war die Linde, mit ihrer herzförmigen Krone und ihren herzförmigen Blättern, der Liebesgöttin Freya geweiht. Unter dem heiligen Schutzbaum der Germanen, wurden Gerichtsverhandlungen abgehalten, denn „Freyas Baum“ sollte bewirken, dass „die reine Wahrheit ans Licht komme“. Bei Geburt eines Stammhalters wurde eine Linde gepflanzt. Und bis heute werden – als Zeichen gegen Gewalt oder nach Kriegen, egal ob verloren oder gewonnen – Friedenslinden gepflanzt.
Linden hatten in vielen Kulturen und Zeiten eine hohe religiöse und mythologische Bedeutung und Symbolkraft. Sie wurden zu vielen besonderen Anlässen gepflanzt und fungieren so als lebende Denkmäler – wie beispielsweise die Goethe-Linde, Friedenslinde oder die Hindenburglinde im Berchtesgadener Land, die zu den „national bedeutsamen Bäumen“ des Deutschen Baumarchives zählt.
Die Linde gilt als ein Symbol für Gerechtigkeit, Liebe, Frieden und Heimat sowie als Platz der Gemeinschaft. Jedes alte Dorf hat seine Dorflinde. Sie zieht die Menschen an und bietet einen Ort zum Erzählen, Tanzen und Miteinandersein.
Dazu Martin Luther: „Wenn wir Reuter sehen unter der Linden halten, wäre das ein Zeichen des Friedens. Denn unter der Linde pflegen wir zu trinken, tanzen, fröhlich sein, denn die Linde ist unser Friede- und Freudebaum.“ (Laudert 2003)
Schon im Mittelalter dichtete Walter von der Vogelweide über die Liebe unter der Linde und Heinrich Heine sagte, „Sieh dieses Lindenblatt! Du wirst es / Wie ein Herz gestaltet finden, / Darum sitzen die Verliebten / Auch am liebsten unter Linden.“ Im 16. Jahrhundert schrieb der Arzt Lonitzer in seinem New Kräuterbuch: „Linde hat den Namen von der Lindigkeit.“ (Beuchert 1996).
Die Linde
Gesät von einem Winde,
Der ihren Samen einst verlor,
Strebt eine junge Linde
Aus dunklem Grund hervor.
Der Erde Muttergüte
Betreute sie so lieb und bang,
Bis dass die erste Blüte
Aus ihrem Leibe sprang.
Wie sie nun breit ausladet
Ihr goldig blühendes Geäst,
Steht sie von Gott begnadet
Im Leben stark und fest.
O Erde, liebe Erde,
Mach mich der jungen Linde gleich,
Du liebe Seele, werde
Wie sie so blütenreich!
Alfons Petzold (1882 – 1923)
Botanik
Die Linde gehört zu den Lindengewächsen und ist ein sommergrüner 25-30m hoher Baum mit einer schwärzlichgrauen, längsgefurchten Borke. Es gibt bis zu 400 verschiedene Arten, die hauptsächlich in den Tropen zu Hause sind. Bei uns sind die Sommer-Linde (Tilia platyphyllos) und die Winter-Linde (Tilia cordata) bekannt, die sich an Blüte, Blatt und Frucht etwas unterscheiden. Die wärmeliebende und dennoch recht frostharte Linde wird wegen ihrem widerstandsfähigen Wuchs gerne als Alleebaum oder Wundschutz gepflanzt. Ihre herzförmig geschlossene Baumkrone ähnelt der Form des Lindenblattes. Die Blätter sind herzförmig zugespitzt, gestielt und am Rande gesägt, oberseits grün und unterseits graugrün.
Die betörend duftenden, gelbweißen Blüten, mit zahlreichen Staubblättern stehen in Trugdolden und sind am Stiel mit einem zungenförmigen hellgrün-gelblichen Hochblatt verwachsen. Erst im Alter von 20 Jahren blüht die Linde zum ersten Mal. Ab dann jedoch jährlich mit ca. 60000 Blüten, die eine wichtige Bienenweide darstellen. Damit ist die Linde einer der wenigen Bäume, die von Insekten bestäubt werden.
Das Holz der Linde ist leicht, biegsam und gleichmäßig strukturiert, daher begehrter Werkstoff bei Drechslern, Schnitzern und Bildhauern. Im Mittelalter wurde es auch „Lignum sacrum“ – „Heiligenholz“ genannt, denn Madonnen und Statuen wurden in der Sakralkunst aus Linde geschnitzt und gefertigt.
Wirkung
Heutzutage ist der Lindenblütentee als wichtigstes schweißtreibendes Mittel bei Erkältungen bekannt. Durch Lindenblüten sensibilisierte Schweißdrüsen sprechen schon auf ganz geringe Wärmereize an und bringen den Körper zum Schwitzen.
Wirkstoffe
Schleim, Flavonoide, Gerbstoffe, ätherische Öle, Vitamin C, Tocopherol (Vit E)
Anwendung
Äußerlich als Teekompresse bei Brandwunden, als Kompresse bei müden Augen, Mundspülung bei Parodontose, lindernd als Auflage bei Abszessen, Furunkeln.
Innerlich bei fieberhaften Erkältungen, als schweißtreibendes Mittel, zur Steigerung der Abwehrkräfte, Linderung des Hustenreizes und bei trockenem Husten. Zur Beruhigung besonders bei Säuglingen und älteren Menschen.
Ich wünsche Ihnen von Herzen einen kraftvollen, inspirierenden Juni!