(Sambucus nigra) mit Rezepten
Der Holunder galt seit jeher als Lebens- und Sippenbaum und als Sitz des guten Hausgeistes. Der „Hollerbusch“ durfte auf keinem Gehöft fehlen, denn dort saß die Göttin Holda (althochdeutsch „hold“ – heilen) und beschützte das Leben der Pflanzen und Tiere. Holunder ist gleichsam eine Volksheilpflanze und wird wegen seiner vielfältigen Anwendung in Küche, Keller und Naturheilkunde als „Arzneischrank der Natur“ oder auch als „Apotheke des Einödbauern“ bezeichnet. Der robuste, anspruchslose Strauch gedeiht gerne an Waldrändern, Lichtungen, Feldwegen und in der Nähe von Siedlungen.
Pflanzengestalt – Strauch
Im Frühjahr beginnt sich der Holunder als einer der ersten Sträucher in unseren Wäldern zu regen. Aus Stamm und Zweigen schießen neue Triebe senkrecht nach oben und strecken sich in kurzer Zeit zu einer beachtlichen Länge. Ein Jahr später, wenn sich das Jungholz äußerlich gefestigt hat, beginnt es sich nach unten zu biegen. Im weiteren Wachstum biegen sich die Zweige immer weiter nach unten. Bei älteren Sträuchern finden wir die Äste manchmal zu schön ausgeprägten Bogentoren geformt. Am Scheitel solcher Tore steigen immer jüngere Äste auf, die sich später ebenfalls zu Bogen formen, so dass oft mehrere gebogene Äste übereinander liegen. So finden wir im Holunder den Ausdruck aufstrebender Lebenskraft, die von der Erdenschwere erfasst wird, sich neu formt, nach oben reckt, um dann erneut nach unten gezogen zu werden.
Pflanzengestalt – Blüte & Frucht
Im Frühling bringt der Holunder eine reiche Blütenpracht hervor. Die weißen Dolden sind oft leicht konkav, wie empfangende, nach oben gerichtete Parabolspiegel, was für Dolden sehr ungewöhnlich ist. Die kleinen Einzelblüten sind wie blinkende weiße Sternchen, die die übervollen gelben Staubbeutel umschließen. Kaum eine andere Pflanze produziert so große Mengen an Blütenpollen. Der Blütenduft ist geheimnisvoll süß, er trägt unsere Seele in andere Welten. Im Herbst hängen die Früchte schwer am Strauch. Ihre Farbe ist schwarz wie die Nacht, der Geschmack säuerlich-herb.
Was hat uns die Pflanzengestalt zu sagen? Das Hauptthema, das sich wie ein roter Faden durch die Signatur des Holunders zieht, ist das Thema der Lebensenergie. Der Holunder gehört zu den großen Mysterienpflanzen, er ist das äußere Sinnbild für eine wahrhaft geistige Entwicklung. In früheren Einweihungsschulen war die Pflanze ein wichtiges Symbol für den Weg zum höchsten Ziel, das ein Mensch je erreichen kann.
Anwendungsgebiete
Krankheiten, die mit Atmung und Entzündung zu tun haben, werden mit Holunder behandelt; dazu gehören Erkältungskrankheiten wie zu Chronifizierung neigende Entzündungen der Atemwege, schlecht heilender Stockschnupfen, chronische Sinusitis, Raucherhusten und fieberhafte grippale Infekte ohne Schweiß. Der Holunder fördert die Schweißsekretion und damit die fiebersenkende Wirkung durch ätherische Öle, die das Wärmeregulationszentrum im Gehirn beeinflussen. Die angeregte Schweißsekretion mobilisiert die Entgiftungskräfte des Organismus und führt zu einem verkürzten Krankheitsverlauf. Zudem wirkt Holunder immunstärkend bei grippalen Infekten.
Darreichungsformen
Die Blüten werden als Tee verabreicht und sind auch zur Inhalation geeignet. Weiters werden die Blüten als Ganzkörper- oder Fußbad und gleichzeitig zum Genuss als Tee im Rahmen einer Schwitzkur angewendet.
Die Beeren werden gekocht und als Kompott oder Saft gegessen. (Bitte beachten: Die rohen Beeren sind leicht giftig und führen – roh genossen – zu Übelkeit und Erbrechen.)
Als Urtinktur 1-3x tgl. 5 Tropfen in etwas Wasser oder unverdünnt einnehmen.
Vor dem Busch zieh‘ man den Hut
einer Göttin einst geweiht,
die den vielen Wesen hold
sorgt, dass alles gut gedeiht
Der Holunder lindert Schmerz
heilt bei Grippe und Ödemen
Marmelade macht man, Saft
Auch der Wein ist zu erwähnen
Haus und Hof sind wohlbeschützt
Ehren darf man ihn und hegen
Uns, die wir so fleißig spinnen
gibt die Hollermutter Segen
Jürgen Wagner
Sommersonnenwende – Sonnenkraft am Höhepunkt
Fronleichnam – Segen für Mensch und Natur
Fronleichnam liegt immer an einem Donnerstag zwischen 21. Mai und 24. Juni, womit es in den sommerlichen Festkreis gehört. Das Fronleichnamsfest wird als Fest des Leibes Christi bezeichnet; seinen besonderen Charakter erhält es durch die feierliche Prozession. In Gestalt einer Hostie wurde und wird heute noch der Leib Christi symbolisch durch Dorf und Felder getragen und segnet dabei Mensch, Vieh und Vegetation. Die Teilnehmer trugen Fahnen und Heiligenfiguren, die Wegränder waren mit Birkenzweigen geschmückt, überall standen blumengeschmückte Altäre. Auf die Prozessionswege legte man Blumenteppiche, wie es heute noch in einigen katholischen Orten üblich ist.
Sonnwend & Johanni
Die Sonnwendfeiern lagen um den 21. Juni und dauerten meist einige Tage. Die Kirche führte zunächst einen erfolglosen Kampf gegen diese heidnischen Feste, schließlich wurde das Geburtsfest Johannes des Täufers in die Sonnenzeit gelegt, nämlich auf den 24. Juni. Damit bekam das uralte Sonnenfest eine christliche Bedeutung und ein Großteil der alten Bräuche wurde auf Johanni übertragen: Aus Sonnwende und Mitsommer wurde Johanni. Bei allen Jahreskreisfesten drehte sich der Kult um die gleichen Elemente: die Fruchtbarkeit des Landes und die Verehrung der Ahnen. Zu den wichtigsten Begleitritualen gehörten Feuer, Opfer, Tanz, Wasser sowie Schutz und Heilkräuter. Mit mächtigen Feuern feierte man die Sonnenwende. Auf Bergen und Hügeln wurden große Holzstöße aufgeschichtet und nach Sonnenuntergang am Vorabend des Johannitages entzündet. Die Flammen sollten die Luft reinigen, böse Geister verscheuchen und eine gute Ernte sichern. Das Vieh wurde, zum Schutz vor Krankheiten, an den Feuern vorbei getrieben und die Kohlenreste des Sonnwendfeuers auf den Feldern verteilt, um sie fruchtbar zu machen. Das Feuer wurde umtanzt und übersprungen. Liebespaare sprangen Hand in Hand und schworen dabei Liebesschwüre.
Johannikräuter
Die Sommersonnenwende galt als beste Zeit zum Sammeln von Kräutern, deren Kraft zu dieser Zeit ihren Höhepunkt erreicht. Man glaubte, viele Kräuter würden ihre Heilkraft erst entfalten, wenn man sie zu Johanni pflückt, bevorzugt um die Mittagsstunde oder die Mitternachtsstunde (des Vorabends, also des 23. Juni). Man nannte die gesammelten Kräuter Johannikräuter. Je nach Region variierten sie, doch fast immer gehörten dazu: das Echte Johanniskraut, Arnika, Beifuß, Wiesenmargerite, Eisenkraut, Holunder, Quendel und Kamille. Am Vorabend des Johannifestes band man sie zu Kräuterbüscheln – aus sieben oder neun verschiedenen Kräutern. Sie wurden in Haus oder Stall aufgehängt und sorgten dort für Schutz vor Krankheiten, Brand und Gewitter.
Ich wünsche Ihnen inspirierende, segensreiche Sonnwendfeste!